‘Fünf Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001’
Heute waren Mathias Bröckers, Prof.Ulrike Freitag, Yassin Musharbash und Karsten Voigt in die Urania geladen, um sich mit folgenden Fragen zu beschäftigen:
So unglaublich die Anschläge mit entführten Verkehrsflugzeugen auf das World Trade Center, das Pentagon und andere Ziele in den USA am 11. September 2001 waren, so unplausibel waren die schnell präsentierten Erklärungen, durch wen und wie den größte Terrorakt nach dem Zweiten Weltkrieg begangen worden ist. Gibt es fünf Jahre nach dem Anschlag gesicherte Erkenntnisse? Was ist aus dem sogenannten Terrornetzwerk Al Quaida geworden? Wie hat sich die Lage in den arabischen Ländern nach den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak entwickelt? Und wie soll sich die Bundesrepublik in diesen vielschichtigen internationalen Konflikten verhalten?
Obwohl die Veranstaltung also eigentlich schon tendenziös genug angekündigt wurde, ging es eigentlich nur um die letzten drei Fragen. Die Ablehnung der Bush-Administration war Konsens, was aber z.B. Voigt nicht davon abhielt, in Bezug auf den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in den USA und den Vergleich zur BRD des Heißen Herbstes, zu verkünden, er wolle es erstmal sehen, dass deutsche Minister unter einer ähnlichen terroristischen Bedrohung so sehr die Freiheit hochhalten, wie das in den USA gerade geschehe, und deutsche Ministerpräsidenten in einer entsprechenden Situation die deutsche Regierung ebenso daran ermahnen würden, wie sie es gegenwärtig gegenüber den USA tun.
Was an Inhalt kam war ganz schön flach, wie es in so einem zeitlichen Rahmen wohl kaum anders möglich ist, und Überraschungen gab es eigentlich auch keine. So durfte Musharbash kurz den Unterschied zwischen einer oldschool klandestinen Organisation und einem Netzwerk erklären und darauf hinweisen, dass der Islamismus mit der bezeichnung ‘anti-westlich’ nicht wirklich korrekt bezeichnet sei, weil ihm inzwischen ja größtenteils Muslime zum Opfer fallen würden (ja, das ist ein wenig kurz gedacht).
Freitag berichtete, dass sich in der muslimisch geprägte Presse in England hauptsächlich zwei Tendenzen zeigen würden: die Distanzierung vom Terror ihm Tenor des ‘Wir sind keine Terroristen!’ und ein Aufrechnen der Opferzahlen von New York mit denen aus dem Irak, Libanon(!) etc. Außerdem mache man sich in den USA sorgen um die Pressefreiheit gerade in Bezug auf ‘islam-freundliche Äußerungen’, der Westen würde die ‘westlichen Werte‘ gerade selbst diskreditieren und man müsse auch mit unliebsamen Regierungen verhandeln, wenn sie demokratisch gewählt seien. Man müsse auch mit dem Iran ersteinmal eine längere Zeit verhandeln, wenn vielleicht auch mit härteren Bandagen. Dabei ist Kinkels Beharren auf dem ‘kritischen Dialog’ für mich schon eine Kindheitserinnerung, und ich frage mich, was ‘längere Zeit’ dann eigentlich heißen soll. Einfach abwarten, bis es eh zu spät ist?
Der Bröckers wurde mit seiner ‘Skepsis’ ordentlich eingetopft, teilweise gab gerade Voigt aber in seinen ewigen Beteuerungen, wie absurd und indiskutabel Bröckers’ Thesen seien, selbst eine minder gute Figur ab. Dabei war es auch gar nicht so wichtig, was der Bröckers selber sagte, hatte das Publikum in der Diskussion, die das letzte Drittel der Veranstaltung bildete, doch praktisch keine Fragen, dafür umso mehr Belehrungen parat. Belehrungen, die oft Bröckers’ anderswo veröffentlichte ‘Fragen’ etc. aufgriffen, ohne sich dabei explizit auf ihn beziehen zu müssen. Natürlich ausschließlich über die bösen USA, die schlimmen Neocons, und dass das alles ja gar nicht so gewesen sein könne (ich sach nur BüSo).
Worauf sich Musharbash für einen Moment aus der Diskussion verabschiedete, da er den Eindruck bekam, das ganze arte zu einer Veranstaltung 5 Jahre amerikanische Terrorherrschaft oder ähnliches aus amerikanischer Schweinestaat aus; zu dem Thema könne er nichts sagen, und wäre das als Veranstaltungsthema angekündigt gewesen, sei er auch gar nicht gekommen. Voigt wies darauf hin, dass es nichts zu antworten gäbe, weil es auch keine Fragen gab, sondern nur Behauptungen. Und Bröckers verkündete, “Bush kann ohne Bin Laden gar nicht leben.” Stand er in der Podiumsdiskussion auch recht schlecht da, war er doch der Liebling des größten Teils des Publikums, und bekam erschreckend häufig Szenenapplaus, während Musharbash und Voigt tendenziell eher Empörung ernteten.
September 12th, 2006 at 6:50 pm
[…] Szene zwei: In der Urania ist der “Konspirologe” Mathias Bröckers als Mit-Autor seines zweiten, weniger erfolgreichen 9/11-Buches zum Expertengespräch über offene Fragen zu den Anschlägen geladen. Hier zeigt sich, daß Travestie nicht immer funktioniert, daß sie aber auch nicht unbedingt funktionieren muß. Obgleich Bröckers sich Mühe gibt, die meisten seiner Redebeiträge mit der Formel “Da gebe ich Ihnen recht, aber” zu beginnen und obwohl er sich in seinen besten Zwirn (bzw. Hanf) geworfen hat, machten zwei der drei Mitdiskutanten unmißverständlich klar, daß sie nicht jede “verrückte These” dikutieren würden (Karsten Voigt) und zu einer Veranstaltung “fünf Jahre Schweinestaat Amerika” nicht erschienen wären (Yassin Musharbash). […]