Der Al Quds Tag 2006 in Berlin
Ich kam erst spät zur Gegendemo, weil mir jegliche Lust den Rednern der deutschen Volksparteien zuzuhören abhanden ging, und deren Anwesenheit schon letztes Jahr gezeigt hatte, dass es relativ unnötig ist, dass auch noch ein paar Linksradikale mit gegendemonstrieren. Leider hatte ich noch nicht alles verpasst; eine mir unbekannte kreuzberger Band meinte, nicht nur spielen zu müssen, sondern auch noch eine kleine Ansprache halten zu wollen. Die ging ungefähr so:
Also um den Fanatismus zu bekämpfen – jeden Fanatismus – sind Nationalfahnen auf jeden Fall falsch, weil sie die Völker einteilen in wertvolle und weniger wertvolle, in gute und schlechte, es ist aber meistens komplizierter!
Ich habe mich umgedreht und bin gegangen, aber auf dem Weg zurück zum Zoo kam mir die eigentliche Demo entgegen. Die Transparente waren wie üblich einheitlich vorgefertigt und weichgespült, Bilder bzw. Poster gab es im Gegensatz zum letzten Jahr praktisch keine, kein Ayatollah Chomeini, kein Felsendom. Ich schätze, das werden wohl Polizeiauflagen gewesen sein. Die Slogans von heute:
Gemeinsam gegen Antisemitismus und Zionismus
Israels Kriegsverbrecher nach DEN HAAG – Israelische Führung vor dem Kriegstribunal
Keine deutschen Waffen mehr nach Israel! – Keine Kriegsbeteiligung Deutschlands im Nahen Osten
Israel ist eine Bedrohung für den Weltfrieden – und ein Hindernis für die Völkerverständigung
Meinungsfreiheit für Zionismusforscher und Gegner Israels
Ihr Politiker! Lasst euch durch die Zionisten nicht mundtot machen
Demokratieexport auf amerikanisch – Learning by Bombing
US-Demokratie ist eine Bombendemokratie
Aus dem Lautsprecherwagen wurde verkündet, dass das deutsche Volk ja auch ein Opfer der Zionisten sei, weil es ja auch nicht frei seine Meinungs sagen dürfe, aber die Deutschen hätten ja gelernt, zwischen Antisemitismus und Judenhass zu unterscheiden. Das war natürlich ein Versprecher, aber es schien niemand zu merken… Weiter das Übliche über den faschistischen Zionismus, wie er die Juden als Herrenrasse des Nahen Ostens darstelle und die Palästinenser seit 60 Jahren Genozid und Unterdrückung ertragen müssten.
Als die Demo die Gegenkundgebung passierte, blieb es erstaunlich ruhig – vor allem letztere war deutlich stiller als 2005, die Musik war laut, aber es wurde nicht gesungen, kaum gepfiffen und gerufen etc. Dafür hatte jemand dieses reizende Spielzeug mitgebracht:
Gastrender der Al Quds Abschlusskundgebung war Moishe Arye Friedmann, ein Vertreter der Neturei Karta:
Und das sahen die Männer vom iranischen Fernsehen natürlich auch gern:
Die gleichen vielsagenden Hinterköpfe etwas besser im Blick:
Es gab technische Probleme und Herr Friedmann sprach sehr leise, ich war der Meinung genug gesehen zu haben und ging endlich nach Hause.
Zu den Formalien: es waren wohl wieder um die 300 Leute auf der Demo, sauber nach Geschlechtern getrennt, und wenn es hoch kommt 200 auf der Gegenkundgebung.